Hugo Portisch

Mit Hugo Portisch ist ein grosser Pilzkenner von uns gegangen, ein Pilz-Pabst(*). Aber leider hatte Portisch auch eine dunkle Seite – der Schwammerl-Experte hatte auch einen Mr. Hyde in sich. Hätte Portisch sich ausschliesslich der Mykologie gewidmet, wäre uns einiges erspart geblieben.

Die abgrundtief dunkle Seite des Fungisten war, dass er sich als Politologe gesehen hat.

Der bereits verstorbene Vater (**) eines Freundes hat mir vor vielen, vielen Monden erzählt, wie er Hugo Portisch kennengelernt hat. Wie fast alle ägyptischen Studenten in Österreich in den 1960er-Jahren war er zwar in seiner Heimat Angehöriger der Oberschicht, für ein Luxusleben hat das in Wien aber nicht gereicht. Also trafen sich die Ägypter Wiens in einem Cafe um stundenlang bei einem kleinen Braunen zu reden und Zeitung zu lesen. Eines Tages kam Hugo Portisch ins Stammcafe der Ägypter und setzte sich forsch an einen Tisch um die Anwesenden über ihre Heimat zu befragen. Die Resonanz war dürftig, man hielt ihn für einen Agenten des Geheimdiensts, niemand wollte mit ihm reden, er zog unverrichteter Dinge wieder davon. Einige Zeit später kam Portisch wieder ins Cafehaus und offensichtlich hatte er Nachhilfeunterricht oder ein Spesenkonto, denn er ging die Sache anders an. Er verkündete, dass er jedem, der ihm einige Fragen zum Land am Nil beantwortet einen grossen Braunen zahlt. Damit hatte er sich sofort viele Freunde gemacht und einer nach dem anderen liess sich bewirten und befragen.

Portisch stellte Fragen wie „Was reden die Taxifahrer in Kairo?“ oder „WIe ist die Stimmung am Markt?“ und ähnliches. Die Studenten mussten improvisieren, um die Fragen beantworten zu können und den grossen Braunen zu bekommen. Keiner der Befragten fuhr in Kairo jemals Taxi, man hatte ja einen eigenen Chaffeur. Keiner wusste wie die Stimmung am Markt ist, denn keiner war jemals selbst einkaufen, das erledigte immer das Küchenpersonal. Also erzählten die Ägypter was ihnen gerade einfiel oder der Geheimdienst gegebenenfalls gerne hören würde, um an das Belohnungsgetränk zu kommen.

Portisch verarbeitete die Märchen aus 1001 Nacht, die ihm im Cafe erzählt wurden, zu Stimmungsberichten aus dem Nahen Osten. Praktisch alle Schlüsse die er zog waren zwangsläufig falsch. Nicht umsonst wurde eines seiner unzähligen Bücher über „Rotchina“ von Le Monde International zum unnötigsten Sachbuch des Jahres gekürt.

Portisch als „Polit-Experte“ ist einer der unzähligen Gründe, warum ich seit ca 20 Jahren keine ORF-Programme mehr schaue. Seit ca 10 Jahren habe ich gar keinen Fernseher mehr, um den ORF nicht durch die GIS-Gebühren zu finanzieren (und weil ich mittlerweile schon alles gesehen habe. Höhere Auflösung bedeutet leider nicht besseres Programm, und das lineare Fernsehen ist tot). GIS UND Dauerwerbung für den Dreck – das geht gar nicht. Ich hoffe, dass unser überflüssiger Staatssender implodiert, die quasi-beamteten Privilegien- und Spesenritter auf die Nase fallen und eine Neuausrichtung – der Zeit entsprechend – erfolgt. Fernseher werde ich mir trotzdem keinen mehr anschaffen, das Leben ist zu kurz um es mit diesem Medium zu verschwenden.

(*) Anfang der 1980-er Jahre hat mir ein befreundeter Grafiker die Wahrheit über die Pilzfibeln, diese Heftchen mit den bunten Bildern und ein wenig Text, erzählt. Wenn einem Ministerium Geld übergeblieben ist, so hat dieses Ministerium seine Sparsamkeit teuer bezahlt – es wurde der ersparte Betrag vom nächsten Budget abgezogen. Jedes Ministerium hatte seinen eigenen Weg, das Restgeld auszugeben. Das Gesundheitsministerium hat eben Pilz-Fibeln erstellen (Grafiker) und drucken lassen – Auflage gerade so, dass kein Groschen vom Budget überbleibt. Habe ich damals lustig gefunden, heute bin ich Steuerzahler und mittlerweile ist mir das Lachen vergangen.

(**) Dieser Mann hat einiges durchgemacht. Verwitwet hat er sich im hohen Alter entschlossen, nochmals zu heiraten (nichts aus dem grössten Fehler gelernt). Er hat in Ägypten nach islamischem Recht geheiratet, die Ehe wurde in Österreich anerkannt. Nach kurzer Zeit hat er seinen Fehler erkannt und lies sich in Ägypten scheiden – nach islamischen Recht. Die Scheidung wurde in Österreich nicht anerkannt – Frauen sind bei uns ja das priviligierte Geschlecht. Seine Ex-Frau/Frau hat in daraufhin in Ägypten als Geschiedene und in Österreich als Ehefrau auf Unterhaltszahlung geklagt – und in beiden Verfahren Recht bekommen!